Trauerort Düsseldorf

Ein Ort für Menschen, die ihre Toten nicht vor Ort betrauern können

مکان غمگساری دوسلدورف Farsi
برای انسانهایی‌ که امکان دسترسی‌ به آرامگاه همبستگانشان را ندارند
برای مهاجران و پناهندگان
برای همهٔ انسانها از همه مذاهب و فرهنگها
Trauerort Düsseldorf Bild 1

Der Wunsch einer Klientin: Wann kommt Euer Trauerort?

09. Juni 2009 von Annette Windgasse · Keine Kommentare · Kliententexte und -geschichten

„Wann kommt endlich der Trauerort? Ich habe Sehnsucht nach diesem Ort, ich habe oft an Euch gedacht. Jetzt waren die schweren Tage für mich, wie immer in dieser Jahreszeit. Dann kommen die Erinnerungen wieder hoch: Als sie meinen Ehemann aus der Haft entließen und er einige Tage später an den Folgen der Folterungen starb. Als meine Mutter starb und ihr Begräbnis stattfand. Genau dort haben sie mich festgenommen, auf dem Friedhof. Die Haft, die Schläge, die Erniedrigungen und das Schlimmste, was sie einem antun können.

Ich habe soviele Menschen verloren. Wenn ich Dir aufmale, wer zu meiner großen Familie gehört, wirst Du sehen, es gibt mehr Tote als Lebendige. Ein Stammbaum der Toten. Es war der Terror der Regierung. Der lange Krieg. Kein funktionierendes Gesundheitswesen mehr. Eine zerfallene Gesellschaft, viel Missgunst untereinander. So viele Tote alleine in meiner Familie. Weißt Du, so fühle ich mich schutzlos. Plötzlich bin ich die Älteste, muß Vater und Mutter und Ehemann und ältere Schwester, muß Tanten und Onkel ersetzen. Ich kann nicht einfach zu dem Grab gehen und meiner Ahnen gedenken. Wer weiß, ob ich jemals wieder meine Heimat sehe. Selbst wenn dort Frieden wäre – ich kann mir nicht vorstellen, einen Fuß dorthin zu setzen.

Bei uns sind die Ahnen wichtig. Wenn beispielsweise eine Heirat stattfinden soll, geht jemand zu den Gräbern und gießt dort ein Glas Flüssigkeit aus. Versickert das Wasser, sind die Ahnen einverstanden. Bleibt es aber stehen, hat das etwas zu bedeuten. Die Erde und die Ahnen, sie sind uns wichtig. Ich habe solche Sehnsucht nach diesem Ort, an dem ich trauern kann, wo ich weinen darf und beten. Ich träume soviel.

Es gibt keinen Ort, an dem ich trauern kann, so träume ich. Vor zwei Tagen träumte ich: Ich soll zu einer Beerdigung, aber ich finde keinen Platz mehr in einem Bus oder einem Auto. Ich renne hin und her, aber es gibt keinen Platz für mich in meinem Traum. Ich brauche einen Platz zum Trauern, gerade jetzt, in dieser Zeit des Jahres, wenn alles sich jährt.

Hier habe ich keinen Platz, um wirklich zu trauern, einen feierlichen Ort,
an dem ich gedenken kann, in Würde. Wann kommt Euer Trauerort? Wie lange wird es noch dauern?“

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